Nationale und regionale Modelle, Gefährdungs- und Zukunftsszenarien für das österreichische Stromnetz
Das Stromnetz steht momentan vor großen Herausforderungen wie
- der steigenden Einspeisung aus erneuerbaren Energieträgern, die das Gesamtsystem aufgrund fehlender Schwungmassen instabiler machen
- dem stockenden Ausbau der Netzinfrastrukturen, wodurch Leitungen häufig an der Grenze ihrer Belastbarkeit betrieben werden sowie
- der erhöhten Gefahr durch Cyber-Angriffe angesichts der zunehmenden Digitalisierung, die 1. und 2. zu ihren Gunsten nützen könnten, um regionale und überregionale Stromausfälle herbeizuführen. Eine zuverlässige Stromversorgung bestimmt jedoch maßgeblich die Optionen der Raumnutzung und ist ein wichtiger Standortfaktor für Produktionsstätten, Gesundheitseinrichtungen, Rechenzentren etc.
Die konkrete Gefährdung durch Stromausfälle als Konsequenz von Cyber-Angriffen oder anderen Extremereignissen (z.B. Wetter, Pandemien) ist regional unterschiedlich ausgeprägt. Sie hängt zum einen vom Ausbauzustand des Stromnetzes, zum anderen von regionaler Produktion und Verbrauch sowie von der Nutzung des Raumes ab. Daher ist es notwendig, den Aspekt der zuverlässigen elektrischen Energieversorgung in Standortentscheidungen bzw. -bewertungen (z.B. im Rahmen der Raumplanung, von Audits oder Risikobewertungen) zu integrieren und darauf aufbauend geeignete Handlungsempfehlungen zu erarbeiten.
Die Zuverlässigkeit der Elektrizitätsversorgung wird auf der Grundlage von Simulationsmodellen des Stromnetzes bewertet. Diese wurden jedoch bisher ausschließlich von den Netzbetreibern entwickelt und sind nur diesen zugänglich. Diese Lücke erschwert nicht nur die Teilnahme weiterer, vor Allem kleinerer Akteure am Strommarkt, sondern schmälert auch die Möglichkeiten der akademischen Forschung z.B. bei Machbarkeitsuntersuchungen zukünftiger Szenarien.
Das Projekt NurZu! will diese Hemmnisse überwinden, indem es folgende Tätigkeiten umfasst:
- die Entwicklung eines Open-Source-Modells des österreichischen Stromnetzes, das Lastflussanalysen ermöglicht,
- die Analyse des Status Quo in Hinblick auf Gefährdungsszenarien (Wetterextremereignisse, Pandemien, Importrestriktionen, Cyber-Angriffe),
- die Erweiterung des Modells um Mittelspannungsnetze in ausgewählten Fallbeispielregionen,
- die Entwicklung zukünftiger Strombedarfsszenarien in hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung in Abhängigkeit von der Bevölkerungs-, Wirtschafts- und Mobilitätsentwicklung, von Trends der Effizienzsteigerung und von der Substitution fossiler Energieträger (z.B. e-Mobilität) sowie von Szenarien zur dezentralen Nutzung gebäudeintegrierter Photovoltaikpotenziale in hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung und
- der Beurteilung dieser Zukunftsszenarien in den gewählten Modellregionen und ganz Österreich unter Berücksichtigung der oben genannten Gefährdungsszenarien.
Das Projekt verfolgt einen interdisziplinären Ansatz, indem es Methoden der Elektrotechnik, Geografie, Informatik, Raumplanung und des Ressourcenmanagements kombiniert und baut auf der bestehenden Expertise der Projektpartner auf. Das Innovationspotential des Projekts umfasst die (a) erstmalige systematische Untersuchung eines nationalen Stromnetzes in Hinblick auf Manipulation-of-Demand-Angriffe, (b) die Entwicklung zukünftiger Erzeugungs- und Verbrauchsszenarien in hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung, (c) die Beurteilung räumlicher Strukturen und die Entwicklung von Maßnahmen für regionale Resilienz bei Blackouts sowie (d) die Verfolgung eines strikten Open-Source- und Open-Data-Ansatzes.
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This project is funded by the FFG.